Therapien und Medikamente gegen eine Angststörung
- Bei andauernder Angst mit übertriebenen Reaktionen spricht man von einer Angststörung.
- Verschiedene Formen der Psychotherapie (wie kognitive Verhaltenstherapie und Achtsamkeitsansätze) eignen sich für ihre Behandlung.
- Medikamente wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, medizinisches Cannabis und Benzodiazepine können diese Therapien ergänzen.
Angststörungen verstehen
Angststörungen sind noch vor Depressionen die häufigsten psychischen Erkrankungen. Man versteht darunter psychische Erkrankungen, die durch anhaltende und übermäßige Angst gekennzeichnet sind.
Laut Daten der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde leiden allein in Europa rund 60 Millionen Menschen daran, ungefähr zwölf Millionen sind es in Deutschland. Frauen sind sehr viel häufiger betroffen als Männer. Rund die Hälfte aller Angststörungen wird nicht erkannt und deshalb nicht richtig behandelt.
Zu den häufigsten Formen von Angststörungen gehören:
- Die generalisierte Angststörung (ständige Ängste)
- Die soziale Angststörung (Angst vor sozialen Situationen)
- Panikstörung (plötzliche Panikattacken mit Symptomen wie Herzrasen und Atemnot)
- Spezifische Phobien (Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten)
Manchmal treten Angststörungen zusammen mit anderen psychischen Erkrankungen wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) auf. In solchen Fällen ist eine sorgfältig abgestimmte Behandlung notwendig, die sowohl die Symptome von ADHS als auch die Ängste berücksichtigt.
Bei allen diesen Störungen ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durch eine fundierte Diagnose und gezielte Behandlung lassen sich die Symptome effektiv behandeln.
Psychotherapie bei Angststörungen
Die Psychotherapeutin Dr. Annette Allgöwer erklärte in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung aus dem Jahr 2018, dass die Betroffenen Hilfe brauchen, damit sich ihre Lage bessern kann:
„Die häufigste Gruppe der Angsterkrankungen sind die spezifischen Phobien, also Ängste mit einem klaren Auslöser: enge Räume, Aufzüge, Arztkittel, Spinnen. Ich habe einen Patienten, der Angst vor Brücken hat. Eigentlich keine große Sache, aber er wohnt auf der rechten Seite des Neckars und hat ein Jobangebot auf der linken – das schafft er nicht. So etwas ist gut behandelbar in einer Kurzzeittherapie mit zwölf Sitzungen. Bei schwereren Formen dauert es länger.“
Eine Therapie führt laut ihren Erfahrungen praktisch immer zu einer Verbesserung, aber man sollte eine Angststörung unbedingt behandeln:
„Ängste können auf einen anderen Bereich überspringen. Wer etwa anfangs nur Angst im Flugzeug hat, bekommt Angst in der Bahn und irgendwann vielleicht überall, wo es beengt ist. Und: Ängste können sich zu einer generalisierten Angst verfestigen.“
Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine der am häufigsten eingesetzten Therapieformen bei Angststörungen. Sie konzentriert sich darauf, negative Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern.
Im Rahmen einer solchen Therapie lernen Betroffene, ihre Ängste rational zu hinterfragen und sie schrittweise zu überwinden. Der therapeutische Prozess beinhaltet oft Übungen, bei denen sie kontrolliert mit angstauslösenden Situationen konfrontiert werden, um ihre Angstreaktionen schrittweise abzubauen.
Gut zu wissen
Konfrontative Therapien setzen auf das Prinzip, dass die Betroffenen lernen, mit angstauslösenden Reizen umzugehen, wenn sie ihnen immer wieder auf kontrollierte Weise ausgesetzt werden.
Die psychodynamische Therapie fokussiert sich auf unbewusste Konflikte und vergangene Erfahrungen, die Ängste verursacht haben. Durch die Aufarbeitung dieser inneren Konflikte wird es den Betroffenen ermöglicht, ihr Verhalten und ihre Emotionen besser zu verstehen und zu kontrollieren.
Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie legt den Schwerpunkt auf die Akzeptanz von negativen Gedanken und Gefühlen, anstatt sie sofort zu verändern. Betroffene lernen, ihre Ängste anzuerkennen und mit ihnen umzugehen, ohne dass sie ihr Leben kontrollieren.
Achtsamkeitsansätze wie die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion helfen Betroffenen, ihre Gedanken und Ängste ohne Bewertung wahrzunehmen. Diese Techniken unterstützen die Betroffenen dabei, ihre Reaktionen auf Angst zu regulieren und gelassener zu werden.
Medikamente bei Angststörungen
Medikamente sind oft eine wertvolle Ergänzung zur Psychotherapie. Sie helfen dabei, die Symptome einer schweren Angststörung zu lindern oder bei Panik erste Hilfe zu leisten.
Es ist wichtig, dass eine Behandlung mit Medikamenten immer von einem Arzt überwacht wird, um Nebenwirkungen und das Risiko einer Abhängigkeit zu minimieren.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer sind die am häufigsten verschriebenen Medikamente zur Behandlung von Angststörungen. Sie wirken, indem sie die Wiederaufnahme von Serotonin im Gehirn blockieren und dadurch dessen Verfügbarkeit erhöhen. Serotonin ist ein Neurotransmitter, der die Stimmung und Angstempfindung reguliert.
Zu den gängigen Medikamenten dieser Gruppe zählen Escitalopram und Sertralin. Diese Medikamente brauchen einige Wochen, um ihre volle Wirkung zu entfalten.
Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wirken ähnlich, erhöhen jedoch zusätzlich die Verfügbarkeit von Noradrenalin, einem weiteren Neurotransmitter, der für die Regulierung der Stimmung und des Stresslevels wichtig ist. Bekannte Vertreter dieser Gruppe sind Venlafaxin und Duloxetin.
Benzodiazepine sind Beruhigungsmittel, die für eine schnelle und kurzfristige Linderung akuter Angstsymptome sorgen. Sie wirken, indem sie die Aktivität bestimmter Neurotransmitter erhöhen und damit das zentrale Nervensystem beruhigen. Lorazepam und Diazepam sind Benzodiazepine, die oft zur Behandlung von Angststörungen verschrieben werden.
Achtung
Benzodiazepine sollte man immer mit Vorsicht einsetzen, weil sie ein hohes Risiko für Abhängigkeit und Nebenwirkungen mit sich bringen.
In den letzten Jahren hat sich auch medizinisches Cannabis als eine vielversprechende Option für die Behandlung von Angststörungen erwiesen. Cannabidiol (CBD), ein Hauptbestandteil des Cannabis, hat eine beruhigende Wirkung und kann helfen, Angstgefühle zu lindern, ohne psychoaktive Effekte wie THC zu verursachen.
Eine 2015 in der Fachzeitschrift Neurotherapeutics erschienene Überblicksstudie hat gezeigt, dass CBD das akute Auftreten von Störungen wie generalisierte Angststörung, Panikstörung, soziale Angststörung, Zwangsstörung und posttraumatische Belastungsstörung lindern kann.
Wichtiger Hinweis zur Medikation
Wer bei einer Angststörung Medikamente verschrieben bekommt, sollte sich unbedingt an die empfohlene Dosierung halten. Viele dieser Medikamente brauchen nämlich eine Anpassungsphase, in der die Dosierung schrittweise erhöht wird, um Nebenwirkungen zu minimieren.
Achtung
Medikamente können bei einer Angststörung eine Therapie zwar unterstützen, lösen aber das grundlegende Problem nicht.
Andere Behandlungsansätze
Veränderungen des Lebensstils sind oft ein Bestandteil der Behandlung von Angststörungen. Strategien wie Zeitmanagement, das Setzen von Prioritäten und realistische Ziele helfen dabei, den Alltagsstress zu reduzieren.
Entspannungsübungen wie progressive Muskelentspannung, Atemtechniken und Achtsamkeitsmeditation tragen ebenfalls dazu bei, Angstreaktionen zu verringern.
Regelmäßige Bewegung fördert die Ausschüttung von Endorphinen. Das trägt zur Reduktion von Angstgefühlen bei. Bereits moderate Aktivitäten wie Spaziergänge, Radfahren oder Yoga haben oft positive Effekte.
Guter und regelmäßiger Schlaf unterstützt die psychische Gesundheit ebenfalls.
Darüber hinaus kann man die Behandlung mit komplementären Therapien wie Akupunktur, Massagen oder einer Umstellung der Ernährung ergänzen.
Gut zu wissen
Es gibt kein bestes Medikament gegen Angststörung oder eine allgemeingültige Methode, um Angststörungen zu behandeln, denn jeder Mensch ist anders. Ein umfassender Behandlungsplan besteht aus einer Kombination von Therapie, Medikamenten und unterstützenden Maßnahmen, die je nach Verlauf der Erkrankung immer wieder angepasst werden.
Tipps zur Angstbewältigung
Die Stiftung Gesundheitswissen gibt in einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2020 praktische Tipps, um sich der Angst zu stellen:
- Ausdauersportarten wie Laufen und Radfahren fördern die Entspannung.
- Entspannungstechniken wie Muskelentspannung, autogenes Training oder Meditation sind ebenfalls hilfreich.
- Die Betroffenen sollten angstauslösende Situationen bewusst nicht meiden.
- Panik lässt sich mit Wissen begegnen: Symptome einer Panikattacke mit Herzrasen und Schweißausbrüchen sind Teil der Angststörung, aber nicht gefährlich.
- Angehörige sollen die Betroffenen ermutigen, die Angstauslöser nicht zu vermeiden und Unterstützung zu suchen.
Die richtige Behandlung finden
Die Suche nach der richtigen Behandlung bei Angststörungen ist ein wichtiger Schritt, um wieder zu einem erfüllten Leben zurückzufinden. Man sollte sich an einen erfahrenen Arzt oder Psychotherapeuten wenden, um sich zur bestmöglichen Therapie für die eigenen Bedürfnisse beraten zu lassen.
Ein erfahrener Facharzt oder Psychotherapeut kann gemeinsam mit der betroffenen Person ein individuell abgestimmtes Behandlungsprogramm entwickeln. Offenheit ist dabei wesentlich. Der Austausch über persönliche Befindlichkeiten und die regelmäßige Rückmeldung zum Behandlungsverlauf helfen dabei, die Therapie anzupassen.
Fazit
Wer unter einer Angststörung leidet, sollte sich helfen lassen. Die Behandlung besteht meistens aus einer Psychotherapie in Kombination mit geeigneten Medikamenten. Seit einigen Jahren kommen dabei auch alternative Behandlungen wie medizinisches Cannabis, Atemübungen und Massagen zum Einsatz.
FAQ
Was sind Angststörungen?
Angststörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen übermäßige Angst und Sorgen das tägliche Leben beeinträchtigen.
Was sind die Ursachen von Angststörungen?
Ursachen können genetische Faktoren, biochemische Ungleichgewichte im Gehirn und traumatische Erfahrungen sein.
Wie wirkt die kognitive Verhaltenstherapie bei Angststörungen?
Sie hilft den Betroffenen, ängstliche Denkmuster zu verstehen und positiv zu verändern.