Chewing and Spitting
Essen ist nicht nur Sattwerden, sondern auch Lust und Genuss. Deshalb werden gute Lebensmittel gekauft, zubereitet und liebevoll auf dem Teller angerichtet. Dann wird sich an den Tisch gesetzt, ein Bissen genommen, gekaut - und anschließend ausgespuckt. Dieses Verhalten bezeichnen Mediziner als Chewing and Spitting und es handelt sich hierbei bereits um eine Essstörung, die weniger bekannt als Bulimie oder Anorexie ist. Die Folgen für die Betroffenen kommen der Magersucht aber gleich.
Viele Essstörungen sind bekannt
Anorexie und Bulimie sind Begriffe, die jeder von uns schon einmal gehört hat. Anders sieht es mit Chewing and Spitting aus. Das Kauen und Ausspucken hat aber den gleichen Hintergrund wie andere Essstörungen, denn es geht hier um die Angst um die Figur, um das Abnehmen oder die Vermeidung der Gewichtszunahme. Auch CHSP, wie das krankhafte Verhalten von Therapeuten auch kurz bezeichnet wird, stellt eine Essstörung dar, wenn auch eine weniger bekannte. Einerseits ist die Angst vor den Kalorien da, andererseits die drängende Sehnsucht, den guten Geschmack der Lebensmittel im Mund zu haben. Gesunde Menschen schlucken die Lebensmittel unter, Kranke spucken den Nahrungsbrei nach dem Kauen aus.
Die Störung wird weniger thematisiert als die Anorexie
Ein gutes Gefühl haben Betroffene auch bei diesem Essverhalten nicht. Sie plagt ein schlechtes Gewissen, hochwertiges Essen zu verschwenden. Hinzu kommt die Heimlichkeit, mit der CHSP betrieben wird. Über diese Essstörung wird zudem deutlich weniger als über Bulimie oder Anorexie gesprochen.
Andreas Schnebel, der seit 30 Jahren Psychotherapeut ist und bei der Beratungsstelle ANAD tätig erklärt, dass CHSP ein Schritt in die Magersucht oder Bulimie ist. Nur weil dieses Verhalten relativ unauffällig betrieben werden kann, können es Betroffene vor ihrer Umgebung so lange verheimlichen.
Trotzdem ist die Essstörung nicht neu und bereits im Jahr 1988 wurde CHSP an der Minnesota Medical School von Psychiatern mit der Bulimie einem Vergleich unterzogen. Auch Menschen, die eine schwere Anorexie aufweisen, nehmen dieses Verhalten oftmals an. Rund 20 Prozent der Essstörungen entfallen auf CHSP.
Die Angst vor den Kalorien führt zu CHSP und deren Folgen
Das Problem ist verbreiteter als angenommen und gerade junge Frauen sind oftmals davon betroffen. Dabei können Betroffene, die dieses Verhalten einmal angefangen haben, nicht mehr wieder aufhören. Gerade bei Pubertierenden ist CHSP sehr verbreitet und Betroffene empfinden das Verhalten als keine Sucht, denn das eigene Verhalten wird dahingehend betrachtet, dass Essen so einfach keine negativen Konsequenzen hat. Aber wie auch bei anderen Essstörungen leidet der Körper mit Folgen wie Gewichtsverlust und Mund- und Rachen- sowie Zahnproblemen, dazu sind Magen- und Darmbeschwerden die Folge. Betroffene leiden unter Nährstoffmangel und auch die sozialen Kontakte reduzieren sich. Dieser besondere Umgang mit Essen wird auch von Betroffenen als nicht gesellschaftsfähig erachtet und sie wissen, dass die Umgebung das Verhalten als unappetitlich empfindet.
Auch hier ist Hilfe von Beratungsstellen gefragt
Obwohl Betroffene das anders betrachten und für sich nicht das Gefühl haben, an einer psychischen Störung zu leiden, ist eben genau das der Fall. Sie selbst betrachten ihr Verhalten dagegen als schlechte und eklige Angewohnheit.
Individuelle Therapiemöglichkeiten
Wie auch bei anderen Essstörungen kann eine Therapie sehr unterschiedliche Ansätze haben. Dabei spielt eine wichtige Rolle, in welchem Stadium der Störung sich Betroffene befinden. Eine ambulante Verhaltenstherapie kann hilfreich sein und wird auch von Krankenkassen finanziert. Üblicherweise geht der Weg aber aufgrund der Intensität der Symptomatik und der Langwierigkeit über einen stationären Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik.