- Spinnenangst ist verbreitet
- Der Psychiater der Vergangenheit unternahm eine Unterscheidung zwischen Neurosen und Psychosen
- Die Therapie wird in Gemeinsamkeit zwischen Patient und Arzt besprochen
- Ist der Alltag beeinträchtigt, besteht professioneller Beratungsbedarf
- Empfindsamkeit und Krankheit unterscheiden sich
Spinnenangst ist verbreitet
Manche Menschen - und besonders Frauen - zucken bereits beim Anblick einer Spinne zurück oder können sich nicht einmal im gleichen Raum wie eine Spinne aufhalten. Jetzt kommt es auf die individuellen Umstände an, ob eine Therapie anzuraten ist oder ob sie nicht notwendig ist. Verirren sich eher selten Spinnen in die Wohnung, hat die betroffene Person kaum Kontakt zu den Tieren und kann das eigene Leben nach Wunsch und ohne Einschränkungen gestalten, dann besteht vermutlich eine sogenannte Neurose, eine Therapie ist aber nicht erforderlich. Ob ein Therapiebedarf besteht, liegt also nicht in den Ängsten und Zwängen, sondern darin, wie weit das Leben und die Lebensqualität von dieser Angst oder dem Zwang beeinträchtigt werden.
Der Psychiater der Vergangenheit unternahm eine Unterscheidung zwischen Neurosen und Psychosen
Im Sprachgebrauch ist der Begriff Neurose geläufig, bei Fachleuten dagegen umstritten. In der Vergangenheit unternahmen Psychiater eine Unterscheidung zwischen Psychosen und Neurosen. Die Neurose wurde als Verhaltensauffälligkeit definiert, die einen Zusammenhang mit frühkindlichen Erlebnissen hat. Die Psychose dagegen wurde als schwerwiegende seelische Störung betrachtet, die beispielsweise einen Wahn oder auch eine Manie nach sich zieht.
Beide Begriffe werden heute nicht mehr unter Psychiatern verwendet. Anstelle dessen sprechen Fachleute heute von einer psychischen Störung. Hier besteht allerdings nicht immer ein Behandlungsbedarf.
Die Therapie wird in Gemeinsamkeit zwischen Patient und Arzt besprochen
Psychische Störungen sind relativ verbreitet und so haben etwa 30 Prozent der Menschen ein Kriterium, das eine psychische Störung definiert. Es ist aber längst nicht immer ein Behandlungsbedarf gegeben. Allerdings gibt es auch Symptome, die unter üblichen Kriterien nur schwer definierbar sind und die zudem für einen Patienten eine schwere Belastung und Einschränkung im Alltag darstellen.
Ob also ein Therapiebedarf besteht, entscheidet wesentlich mit, wie hoch der Leidensdruck bei einzelnen Personen ist. Leidet ein Betroffener unter den Auffälligkeiten nicht, besteht auch kaum Therapiebedarf. Allerdings sind immer Diagnosekriterien erforderlich und deshalb ist ein Regelwerk sinnvoll, wann ein Verhalten oder eine Auffälligkeit nicht mehr als normal zu betrachten ist. Erst dann ist eine Therapiefinanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen möglich.
Ist der Alltag beeinträchtigt, besteht professioneller Beratungsbedarf
Wenn es Probleme im Alltag mit der Angst oder dem Zwang gibt, dann sollte ein Betroffener einen Termin bei einem Therapeuten vereinbaren. Gemeinsam entscheiden dann der Therapeut oder der Arzt und der Patient, ob die Therapie erforderlich ist. Tauchen Probleme in der Alltagsbewältigung auf, scheitern ständig Beziehungen, können Freundschaften nur oberflächlich eingegangen werden oder sind Jobprobleme gegeben, dann ist zumindest ein Beratungsbedarf gegeben. Bei Gefühlen der Belastung sollten Betroffene zunächst den Hausarzt ansprechen oder sofort den Kontakt zum Psychotherapeuten oder Facharzt für Psychosomatik oder Psychotherapie aufnehmen.
Empfindsamkeit und Krankheit unterscheiden sich
Wer sehr empfindlich oder auch emotional labil, wie Fachleute dies nennen, muss nicht zwangsläufig krank sein. Sensibilität muss keine negative Eigenschaft sein und diese persönliche Eigenschaft wird von Fachleuten als Neurotizismus bezeichnet. Dieser legt fest, wie sensibel ein Mensch auf Stress reagiert. Oben auf der Skala ist der Mensch vielleicht nervös und ängstlich - aber nicht zwingend krank.
Diese Sensibilität hat ein höheres Risiko, Angststörungen und Depressionen nach sich zu ziehen, zeigt aber nicht, dass zwangsläufig psychische Störungen auftreten müssen. Auch sehr sensible Menschen können psychisch gesund sein. Die Sensibilität kann sogar vorteilhaft sein und ausgeprägte soziale Fähigkeiten und Empathie beinhalten.
Damit die starke Empfindlichkeit kein gesundheitliches Problem aufwirft, kann es dann schon reichen, sich in ein stabiles Umfeld zu integrieren. Eine ausfüllende Berufstätigkeit, eine stabile Partnerschaft und ein solider Freundeskreis können diese Empfindlichkeit auffangen und verhindern, dass eine psychische Störung entsteht.